Schlaf ist gesund – Auch bei Meetings?

Ich weilte diese Woche einmal mehr in München in unserem Mutterhaus zwecks Vertriebsmeeting. Da werden uns jeweils die Produktneuheiten der nächsten Wochen präsentiert. Hierzu laden wir die Hersteller ein, welche die eigentlich sehr wertvolle Chance, direkt den Reinverkaufserfolg zu beeinflussen, sehr unterschiedlich wahrnehmen. Einige ziehen eine perfekte Show ab, gespickt mit aufsehenerregenden Multimediadarbietungen, gekonnter Rhektorik, überraschenden Einlagen und spannenden Inhalten. Doch leider gibts auch das andere Extrem: Langeweile pur, eintönige heruntergeleierte Referate, abgelesene Folien, Inhalte die am Zielpublikum vorbeigeplant sind etc.

Wir erlebten dieses Mal gleich zwei solche Präsentationen, einmal zu einem Golfspiel, die andere zu einer Antivirus-Lösung. Es war ermüdend, an den Präsentationen teilzunehmen und zugleich höchst amüsant zuzuschauen, wie meine Kollegen, Dominosteinen gleich, die Augen zuklappten und sich in einen entspannten Büro-Meetingschlaf flüchteten, dann gelegentlich aufschrecken und verwirrt um sich schauen, ob auch ja niemand den Ausflug in die Welt der Tagträume bemerkt habe.

Mit der feinen Hoffnung lebend, künftig nur noch perfekte Darbietungen zu erleben, habe ich Euch einen kleinen Ratgeber zusammengestellt.

Top 10 der sichersten Einschlafhilfen bei Präsentationen

  1. Das Publikum nicht kennen.
    Nicht zu wissen, wer vor einem sitzt, ist wohl das beste Mittel um die Aufmerksamkeit zu verlieren! Es spielt eine grosse Rolle, ob man einer Gruppe von Vertrieblern, einer Hausfrau oder einem Arzt (nur um ein Beispiel zu nennen) die Vorzüge eines Produktes erläutert. Der Vertriebler hat grundsätzlich eine Ahnung von der Materie, er ist sensibilisiert auf reine Marketingaussagen und leere Worthülsen. Trotzdem kriegt er von fast jedem Antivirus-Hersteller dieselben „Unique (man erkenne den Widerspruch!) Selling Points“ aufgetischt: „Wir sind Marktführer, wir sind die schnellsten, die besten, die sichersten, die schönsten, {Liste bitte nach belieben fortsetzen…}“.
  2. Vorlesen statt mitlesen
    Das interessierte Publikum ist aus Sicht mancher Präsentierenden wohl zu doof, um einfache Textbrocken in einer Diashow selbst zu lesen. Aus diesem Grund arten zahlreiche Präsentationen in reine Vorleseorgien aus. Dabei wäre doch Sinn und Zweck einer Folie Gedankenstützen zu vermitteln und einen roten Faden aufzuzeigen. Der Präsentierende sollte die Punkte erläutern, mit eigenen Worten bebildern, Zusammenhänge verdeutlichen und mit eigenen Erfahrungen und Anektoten ergänzen.
  3. Veraltete Powerpoint-Shows
    Powerpoint-Folien sind schnell gestaltet und mit Inhalt gefüllt. Und sind auf immer und ewig wiederverwertbar. Ich erkenne jedoch einen Unterschied zwischen dem ökologisch sinnvollen Recycling und der billigen Zweit-/Drittnutzung. Letztere erkennt man daran, dass der Präsentator in bestechender Regelmässigkeit eine Folie zeigt (z.B. „41 Mio. verkaufte Exemplare weltweit“) und in gesprochenem Wort erklärt: „Also, inzwischen sind es um die 80 Mio. Stück. Die Zahlen sind nicht ganz aktuell.“ Witzig vor allem auch dann, wenn bei einer neuen Version eines Produktes immer wieder die alten Versionbezeichnungen auftreten und die Verkaufsargumente wieder dieselben sind :-)
  4. Unlesbar gestaltete Folien
    Powerpoint ist keine Textverarbeitung und daher für lange Texte in 10 Punkt Schrift ungeeignet. Aber auch farbliche Verbrechen fördern die Aufmerksamkeit beim Publikum nicht wirklich. Gelegentlich frage ich mich schon, wie die Wohnung gewisser Präsentatoren gestrichen ist, verwenden diese doch Farbkombinationen wie pinke Schrift auf gelbem Hintergrund oder rote Schrift auf Blau. Hmmm… neee, eigentlich möcht‘ ichs lieber doch nicht wissen. :-)
  5. Mit Superlativen um sich schmeissen
    Einen Laien mag man mit Marketingfloskeln und Superlativen („Ich bin der King“) wohl noch beeindrucken, doch gewiefte Branchenkenner langweilt man damit.
  6. Mitbewerber denuzieren
    Auch das geht in eine ähnliche Richtung. Häufig wird über die Konkurrenz derart gelästert und die eigenen Produkte schön geredet, dass man fast schon den Eindruck erhält, aha, der Mensch kennt alle Produkte auf dem Markt wie die eigene Westentasche. Ich glaube einen ziemlich guten Überblick über den Markt zu haben und mich auszukennen. Ich würde es aber trotzdem nie wagen, derart über Produkte der Konkurrenz (ausser sie sind gelb :-) ) zu lästern. Dies im Wissen, dass ich selbst nicht in der Lage bin, mich mit allen Produkten gleich intensiv, dauernd und in ihrer Tiefe zu beschäftigen, damit ich auch eine ehrliche, objektive und faire Beurteilung vornehmen kann. Entsprechend peinlich wirken gewissen Denunzierungsveranstaltungen auf mich.
  7. Leise und leblos sprechen, damit auch ja keiner aufwacht.
    Psst… eine wichtige Warnung: Eine lebhafte, mitreissende Rhetorik, gespickt mit Schalk in den Augen, gewürzt mit einer Prise Humor und Charme, abgerundet mit einer authentischen Gestik und Mimik könnte die Mitschlafenden aus dem Schlaf reissen. :o)
  8. Fakten, Fakten, Fakten
    … sind wichtig, sehr wichtig, vor allem für Spezialisten. Und dennoch ist jeder Businessman auch ein Mensch. Ein klein wenig Abwechslung, etwas Witz und vielleicht eine kleine Portion persönlicher Touch stärkt die Aufnahmefähigkeiten jedes Zuhörers.
  9. Unwissenheit verleugnen
    Niemand weiss alles! Doch wie kommt man aus der Situation raus, wenn man was verkaufen will, aber auf eine Frage keine Antwort hat, oder die Frage vielleicht nicht mal verstanden hat? Um den letzten Dir zugewandten Zuhörer zu vertreiben solltest Du ablenken, irgendwelches Halbwissen nach Lust und Laune zusammenreimen, Fakten erfinden, den Fragenden doof stellen oder mittels Punkt 6 den Mitbewerb schlecht stellen und die gestelte Frage als Angriff auf die Konkurenz einsetzen. Oder wie wärs damit? „Oh, tut mir leid, weiss ich nicht. Ich werds aber in Erfahrung bringen und die Antwort nachliefern.“ Könnte vielleicht gar nicht soooo schlecht ankommen.
  10. Endlos überziehen
    Der Künstler ist sein grösster Fan. So sind auch Spieleentwickler ungehemmt in ihrer Begeisterung, wenn es um das Vorspielen eines ihrer Werke geht. Wenn dann aber der dritte Trailer abgespult, der fünfte Spielstand geladen und der zehnte Kampf gezeigt wurde, spätestens dann sei Gnade mit dem Publikum walten zu lassen und die Vorstellung schleunigst zu beenden!

Was meint ihr? Erlebt ihr auch solche unvergesslichen Meetings, Präsentationen und Promotionen? Ich freue mich auf Deinen Kommentar, Deine Tipps und Deine Erlebnisse! Nutz hierzu die Kommentarfunktion.